Interview mit Brigitte Riechelmann

Interview mit Brigitte Riechelmann

🕓 Lesezeit circa 8 Minuten

Der Artikel „INTERVIEW MIT BRIGITTE RIECHELMANN – „Ohne Werner Liebkies wäre ich nicht da wo ich heute bin!“ erschien in der EN-Aktuell 02/23. In der Zeitschrift ist nur ein gekürzter Teil des Interviews zu lesen. Das komplette Interview finden Sie hier – zum Anschauen, Anhören oder Lesen.

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„Ohne Werner Liebkies wäre ich nicht da wo ich heute bin!“

Vor kurzem stellte die Künstlerin Brigitte Riechelmann ihre Bilder in der Galerie Kunstraum EN in Ennepetal aus. Firat Demirhan hatte sie dort getroffen, um mit ihr über Kunst zu sprechen.

Ein Interview von Firat Demirhan

Frau Riechelmann, ich danke Ihnen vielmals, dass Sie sich die Zeit genommen haben für unser Gespräch heute. Hier bei uns im Ennepe-Ruhr-Kreis sind Sie keine Unbekannte, Sie sind Künstlerin. Sie malen, Sie zeichnen, Sie schreiben und Sie unterrichten auch. Aktuell sind wir gerade in Ennepetal im Kunstraum-EN, wo Ihre aktuelle Ausstellung „Erdwelten“ ausgestellt wird. Bevor wir aber darauf zu sprechen kommen, würde ich gerne mit Ihnen einmal in die Vergangenheit reisen. Frau Riechelmann, hat die Leidenschaft fürs Malen und Zeichnen bei Ihnen schon als Kind angefangen?

Da kann ich kurz und knapp antworten: Ja, das ist schon immer da gewesen.

Hatten Sie Unterstützung von Ihren Eltern auf diesem Weg?

Ich habe malen können, ich habe zeichnen können, also mit Stiften umgehen, wie Kinder das eben so tun. Hat mir immer viel Spaß gemacht, ich hatte da freie Hand.

Wann war abzusehen, dass Sie tatsächlich eine Laufbahn als Künstlerin einschlagen können?

Das ist eigentlich relativ früh irgendwo dagewesen. Aber auch von meiner Seite aus war das dann nicht der Weg, den ich beschritten habe, zunächst nicht, sondern erst viel später.

War das dann während der Schule oder der weiterführenden Schule? Haben Sie dort noch mal Unterstützung erhalten oder hat sich im Laufe des Erwachsenwerdens immer mehr der Antrieb ergeben, sich auf Leinwand zu verewigen?

Ich habe in der Schule das gemacht, was gefordert war. Zu Hause, denke ich mal, auch, klar. Ich habe mir die ganzen Sachen aufbewahrt und ich habe dann erst mal studiert nach dem Abitur und habe dann viel später, als die Familienzeit mir die Zeit ermöglicht hat, für mich angefangen mit der Aquarellmalerei.

Sie haben gerade erwähnt, dass Sie studiert haben. Ich muss das einmal kurz ablesen, Sie haben ein Studium der Malerei und Grafik am Institut für Ausbildung in bildender Kunst und Kunsttherapie in Bochum absolviert. Wie kann ich mir so eine Kunstausbildung vorstellen?

Wenn ich sage, ich habe studiert, meine ich jetzt erst mal mein Geographiestudium und Mathematik. Dieses Malerei- und Grafikstudium habe ich erst sehr viel später begonnen und auch abgeschlossen. Ich habe das große Glück gehabt, nachdem ich selbst für mich mit der Aquarellmalerei angefangen hatte, weil irgendetwas musst ich machen. Das ist erst mal so die Technik: ich brauche wenig Farbe, ich brauche einen Pinsel, ich brauche ein bisschen Papier, Wasser und ich kann wirklich zu Hause erst mal ohne großen Aufwand vom Material her malen. Und natürlich Bleistift. Das ist nicht viel an Material. Dann habe ich das große Glück gehabt, den inzwischen verstorbenen Werner Liebkies zu treffen und ihm zu begegnen, der Unterricht gab. Ich habe Unterricht bei ihm genommen, über viele Jahre hinweg. Er hat mich super unterrichtet und ich bin ihm wirklich sehr dankbar. Ich wäre ohne ihn nicht da, wo ich heute bin.

Das wäre tatsächlich auch meine nächste Frage gewesen, wie man sich den Unterricht unter Herrn Liebkies vorstellen kann. Ich kann mir vorstellen, dass es natürlich wahrscheinlich auch um die Theorie geht, wie man etwas macht, wie man malt, aber auch die Leidenschaft. Hat er tatsächlich auch Ihre Leidenschaft, die Sie schon hatten, tatsächlich noch mal entfachen können?

Ja, ganz klar. Er hat immer wieder neue Möglichkeiten aufgezeigt, in jedem Bild etwas gefunden, was einen weitergebracht hat. Und ich sage immer gerne, wenn es nur briefmarkengroß war: da war dann doch von der Komposition her, von der Farbgestaltung, von den Formen, von den Flächen her etwas, das einem weitergeholfen hat. Dann auch verschiedene Umgehensweisen mit der Aquarellmalerei, das sich dann erweitert hat mit der Tusche-Technik, die ich heute auch noch gerne verwende. Mit anderen Materialien in Mixed Media kombiniert, was sich dann für mich auch eigenständig entwickelt hat. Dann habe ich eigene Ausstellungen gehabt. Erst mal mit zusammen mit Werner Liebkies und anderen. Das hat sich entwickelt. So kam eins nach dem anderen und letztendlich habe ich auch Bewerbungen verschickt und wurde genommen. Unter anderem auch bei der EN-Kunst 2006, da habe ich eine Installation hier in der Kluterthöhle gehabt. Das hat mich motiviert und inspiriert und auch weitergebracht. Und dann habe ich 2007 mit meinem Malerei-Studium angefangen.

Das war quasi die Konsequenz aus Ihrer Erfahrung.

Ja, um dann auch noch einmal weiter auf andere professionelle Ebenen zu steigen.

Inzwischen blicken Sie auf zahlreiche Ausstellungen zurück und sind sogar schon für Kunstpreise nominiert worden. Welche Themen beschäftigen Sie in Ihrem Schaffen besonders? 

Das sind die Erdwelten, die aktuelle Ausstellung. Es ist die Landschaft im weitesten Sinne. Landschaften, die ich so nie gesehen habe, die aber dann doch, wenn man sie als Betrachter sieht, vertraut wirken, als hätte man sie schon einmal gesehen. Ich höre manchmal, je nachdem, was ich gerade zeige: „Da bin ich mal gewesen!“. Diese Landschaft gibt es so nicht. Aber die Menschen, die ein Bild sehen, fühlen sich erinnert. Ich bin da in Italien gewesen, in Griechenland und habe diese Küste gesehen, und das finde ich wunderbar.

Die Frage, wo Sie Ihre Inspiration herbekommen, ist bei Künstlern immer sehr abgedroschen. Bei Ihnen ist es tatsächlich einfach nur der Blick in die Welt, der Sie wahrscheinlich zu diesen Bildern inspiriert.

Es im weitesten Sinne die Natur. Das, was ich gesehen habe, das, was ich dann versuche, künstlerisch umzusetzen in eine Komposition, die stimmig ist, die harmonisch ist und die doch auf der anderen Seite wieder spannungsreich ist. Farbwelten, die verfremdet sind, individuelle Farbflächen, Formen und Farben, die sich miteinander verbinden, die sich überlagern. Ich trage dann wieder ab und ich trage wieder neu auf und lasse Unteres durchscheinen. Das ist spannend. Jedes Bild ist für sich immer eine Herausforderung und ich bin immer gespannt, was später kommt.

Was ich mich frage, die Art des Malens, es gibt ja verschiedene Arten. Sie hatten mir vorhin bei unserem Rundgang in der Ausstellung gezeigt, dass beispielsweise Aquarellbilder sind oder Öl auf Papier oder wirklich nur mit dem Zeichenstift. Beeinflussen die verschiedenen Techniken das Ergebnis?   

Jein. Jede Technik hat natürlich spezielle Eigenheiten. Die Ölmalerei, die ich momentan zunehmend verfolge und die ich jetzt weiter vorantreiben möchte, hat durch die lange Offenzeit der Farbe, also dass die Farbe langsam trocknet, für mich den Vorteil, dass ich relativ lange in das Bild eingreifen kann und die Farben selbst und die Farbflächen ineinander verschmelzen lassen kann, sodass diffus aussehende Landschaften entstehen ohne scharfe Konturen. Bei der Aquarellmalerei würde das auch mit Vorbehalt gehen. Die Acrylmalerei hat den Vorteil, was gleichzeitig der Nachteil ist, dass die Farbe sehr schnell trocknet.

Einmal getrocknet, ist es quasi endgültig.

Wenn es einmal getrocknet ist, kann ich bei der Acrylmalerei nicht so einfach wieder dran, um etwas zu verschmelzen, das heißt, ich muss wieder neu aufbauen. Es gibt natürlich Malmittel, die ich zusetzen kann, da gibt es technische Möglichkeiten.

Fällt es Ihnen schwer, Ihre Werke letztendlich Fremden quasi in die Hand zu geben, da bei jedem Bild Herzblut mit dranhängt? 

Ja, das kann ich so sagen. Mal mehr, mal weniger.

Aber ich kann mir vorstellen, wie Sie vorhin erwähnt haben, dass, wenn man Emotionen bei jemandem hervorruft und sich vielleicht jemand wie ich in einem dieser Bilder sieht oder wirklich dieses Bild fühlen kann, dass Sie dann vielleicht glücklich sind, zu wissen, dass es dann in guten Händen ist.

Ja, das ist so.

Frau Riechelmann, wenn Sie nicht den Pinsel schwingen, haben Sie auch den normalen Bleistift oder den Kugelschreiber in der Hand, Sie schreiben nämlich auch. Welchen Stellenwert hat das Schreiben für Sie? 

Die Malerei hat den ersten Stellenwert, ist vorrangig. Beim Schreiben: es ist mal da, wie beim Malen auch, es geht, und dann funktioniert es wieder einmal nicht so gut.

Ich finde es bewundernswert, dass man sich ausdrücken kann, sei es mit dem Kugelschreiber oder tatsächlich dem Pinsel, dass man bei seinem Gegenüber tatsächlich etwas hervorruft. Sie unterrichten auch, Frau Riechelmann. Ich kann mir vorstellen, vieles, das Sie viel von Herrn Liebkies haben, versuchen Sie natürlich auch an die Schüler weitergeben, oder?

Ich habe darauf aufgebaut und dann auch eigene Konzepte entwickelt im Lauf der Jahre. Ich habe viele Jahre hier an der VHS Ennepe-Ruhr-Süd Malerei und Zeichnung in ganz vielen Kursen unterrichtet, habe die Arbeiten der Kursteilnehmer in vielen Ausstellungen gezeigt. Es hat uns allen immer sehr viel Spaß gemacht und viel Freude, und ich habe Teilnehmer gehabt über viele Jahre hinweg von Anbeginn bis ich vor einigen Jahren aufgehört habe mit den VHS-Kursen. Es war eine tolle Zeit und habe nach wie vor Kontakt zu einigen.

Ich hatte Ihnen, bevor wir das Interview gestartet hatten, einige Bilder meiner Tochter gezeigt. Sie ist 7 Jahre alt und malt auch gerne, wie viele andere Kinder auch. Wie würden Sie das Kind bei der Malerei oder bei der Auslegung der Kreativität unterstützen?

Das Kind einfach machen lassen, malen lassen, zeichnen lassen, also das Material zur Verfügung stellen, und auch kleben lassen, beispielsweise mit wasserlöslichem Leim, da gibt es viele Möglichkeiten. Wenn das Kind alt genug ist, auch etwas mit der Schere ausschneiden lassen. Einfach machen lassen, spielen lassen.

Wenn die Kinder Spaß haben, bestenfalls die Instrumente an die Hand geben, die Möglichkeiten schaffen, um etwas machen zu können und die Kinder dann einfach machen lassen. 

Der Spaß an der Sache und an der Malerei, am Zeichnen, das ist eigentlich die Unterstützung, von der ich sage, das soll bei Kindern im Vordergrund stehen. Bei älteren Kindern muss auch mal Kritik her, sachlich oder wie man weiterkommen kann oder Dinge aufzuzeigen und Techniken zu zeigen.

Deswegen sind Menschen wie Sie sehr wichtig, Frau Riechelmann. Ich könnte meiner Tochter wahrscheinlich thematisch nicht sehr viel Hilfestellung geben, aber wenn sie älter wird, kann sie unter Anleitung von Menschen wie Ihnen ihren Horizont erweitern und neue Technik erlernen. Darum bin ich froh, dass es solche Örtlichkeiten wie diese hier gibt. Eine letzte Frage habe ich noch, Frau Riechelmann, gibt es einen Ort im Ennepe-Ruhr-Kreis, wo Sie besonders gut zur Ruhe kommen, oder bestenfalls Ihr Lieblingsplatz?

Da, wo ich male. Aber es ist auch hier schön, hier auszustellen und ich möchte mich an dieser Stelle für ihr Interesse bedanken und auch für die Gelegenheit, das hier machen zu können. Der Kunstraum-EN ist ganz toll mit allem, was hier gemacht wird. In dem Zusammenhang darf ich mal den ersten Vorsitzenden, Werner Kollhoff, erwähnen, der so engagiert ist, ganz viel auf die Beine stellt, sodass man immer wieder, nicht nur ich, sondern auch Kolleginnen und Kollegen, in Ausstellungen die Möglichkeit hat, seine neuen Werke zu präsentieren.

Vielen lieben Dank Frau Riechelmann, Ihnen weiterhin viel Erfolg und alles erdenklich Gute und ich bedanke mich für das Interview.

Weitere Informationen zu Ausstellungen finden Sie auf der Offizielle Webseite von Brigitte Riechelmann:
www.brigitte-richelmann.de

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  • Pingback:EN Aktuell September 2023 - EN-Aktuell
    Posted at 11:16h, 05 September Antworten

    […] mit interessanten Persönlichkeiten aus dem EN-Kreis führen, haben wir in dieser Ausgabe mit der Künstlerin Brigitte Riechelmann gesprochen. Es war spannend zu erfahren, wie die Kunst einen immer größeren Teil in ihrem Leben […]

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