Interview mit Alexandra Popp

Interview mit Alexandra Popp

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Der Artikel „INTERVIEW MIT ALEXANDRA POPP – Was das Technische und Taktische angeht,sind wir auf einem guten Weg im Frauenfußball“ erschien in der EN-Aktuell Mai/Juni 2016. In der Zeitschrift ist nur ein gekürzter Teil des Interviews zu lesen. Das komplette, ungekürzte Interview finden Sie hier – zum anhören oder lesen.

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Interview

„Was das Technische und Taktische angeht, sind wir auf einem guten Weg im Frauenfußball“

Fußballnationalspielerin Alexandra Popp, die 1991 in Witten an der Ruhr geboren wurde, steht seit 2012 beim Bundesligisten VfL Wolfsburg unter Vertrag. 2014 wurde die sympathische junge Frau von den Sportjournalisten zu Deutschlands Fußballerin des Jahres gewählt. Und nun konnten wir Sie zu einem interessanten Interview mit uns gewinnen.

Du bist in Witten geboren und spielst aktuell für den VFL Wolfsburg. Ich geh mal davon aus dass Du dann derzeit auch in Wolfsburg wohnst. Hast Du Dich in Wolfsburg schon eingelebt oder vermisst Du die Frohnatur der Rheinländer?

(lacht) Mittlerweile habe ich mich natürlich schon eingelebt, ich bin jetzt in meinem vierten Jahr hier in Wolfsburg, dementsprechend wohl fühle ich mich hier auch schon. Natürlich vermisst man immer mal wieder das Zuhause und größtenteils natürlich auch die Familie und die Freunde, weil die nicht mal eben um die Ecke sind. Aber man muss auch dazusagen, was den Freundeskreis angeht, dass man durch die Entfernung merkt, wer wirklich dein Freund ist und wer nicht und dementsprechend hat das auch sein Positives.

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Bild: VFL Wolfsburg

Neben Fußball hast Du damals eine Ausbildung als Tierpflegerin gemacht in einem kleinen Zoo in Niedersachsen.

Ja.

War das Dein Wunschberuf falls es mit dem Fußball nicht geklappt hätte? Gibt es vielleicht eine lustige Anekdote aus Deiner Zeit im Zoo? Bist Du in einen Kamel-Haufen getreten oder ähnliches?

(lacht) Ja, es war eine lange Phase in der ich gesucht habe. Was kann ich machen, wenn ich kein Fußball spiele? Es ging über Erzieherin, Physiotherapeutin und dann irgendwie im Endeffekt kam dann die Tierpflegerin dabei heraus. Damals als ich noch in Duisburg gespielt habe, hatten wir einen guten Kontakt mit dem Verein an den Duisburger Zoo. Und da hab ich einfach mal ein Praktikum gemacht, um mich, ich sag mal, mich selber zu finden, und um in den richtigen Berufsweg zu gelangen. Das hat mir auf Anhieb total Spaß gemacht und war für mich dann auch eigentlich direkt der Zünder zu sagen: Das will ich machen! Um mir einerseits das zweite Standbein aufzubauen, wenn mal eine Verletzung ist und ich kein Fußball mehr weiterspielen kann, wiederum aber auch für den Fall, den ich mir sehr gut vorstellen kann, wenn ich dann irgendwann mal kein Fußball mehr spiele, dann mache ich weiter in dem Tierpflegerberuf.
Und, das sind so komische Floskeln, es passiert immer mal wieder was im Zoo! Sei es man läuft gegen eine Schubkarre, die eigentlich ganz klar da steht oder man tritt tatsächlich in irgendeinen – auf gut Deutsch gesagt – Scheißhaufen oder die Tiere bewerfen einen, gerade was die Affen angeht. Also da ist eigentlich immer alles mit dabei und es war wirklich an jedem Tag immer irgendwie etwas anderes was lustig war.

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Bild: DFB/Nina Stiller

Kommen wir aber jetzt zum Thema Fußball: Worin besteht Deiner Meinung nach der Unterschied zwischen Frauen- und Männerfußball im Profibereich?

Ich glaube vom Aufbau generell – Profiverein oder nicht – macht es grundsätzlich einfach aus, dass der Männerfußball wesentlich populärer ist und man dementsprechend alle möglichen Männerspieler auch besser vermarkten kann, um da auch mehr Profit herauszuschlagen und um beispielsweise 30.000 in ein Stadion zu bekommen. Da ist der Frauenfußball leider noch nicht so weit! Und generell, was das Sportliche angeht, ist einfach ein großer Unterschied, dass die Männer wesentlich athletischer aufgebaut sind. Von Natur aus ist die Athletik der Männer wesentlich dynamischer als bei uns Frauen. Das ist auch das, wo viele Frauenfußball-Kritiker sagen: Frauenfußball ist scheiße. Oder: Frauenfußball ist langweilig. Oder wie auch immer… Das ist ein bisschen schade, weil ich glaube, was das Technische und Taktische angeht, sind wir auf einem guten Weg im Frauenfußball. Ich finde, gerade in den letzten Jahren hat sich der Frauenfußball in Deutschland und in anderen Ländern immens entwickelt. Da sieht man, dass wir auch einen ganz ordentlichen Ball spielen können!

Bei Wikipedia steht, dass Du in der Abwehr, im Mittelfeld und im Sturm spielst. Nun hast Du ja bewiesen, dass Du eher für das Toreschießen zuständig bist. War das mal anders? Hast Du als knochenharte Verteidigerin angefangen?

(lacht) Jein. Eigentlich war ich schon immer gelernte Stürmerin bzw. Mittelfeldspielern. Schon früher bei den Jungs habe ich eigentlich immer eher offensiv gespielt. Als ich dann in die Frauen-Bundesliga kam und wir Notstand hatten, wir hatten Verletzungssorgen, da war eine Spielerin nicht in Top-Form – das kommt ja immer mal wieder vor, da hat mich die Trainerin plötzlich umfunktioniert zur Außenverteidigerin. Für mich persönlich war es natürlich erst mal ein komischer Schritt, plötzlich defensiv zu spielen. (lacht) Gerade das erste Mal, als ich in der Bundesliga war, aber ich habe mich damit doch hinterher damit sehr wohl gefühlt. Gerade dadurch, dass man weiß, wie ein Stürmer tickt, war es relativ einfach, sag ich mal, sich auf Stürmer vorzubereiten. Das hat hinterher erstaunlicherweise dann auch meinen Sprung ausgemacht höher zu spielen.

Das sieht man häufig, dass Stürmer dann in Verteidiger umpositioniert werden. Wenn man weiß, wie die Stürmer ticken, dann brauch man kaum grätschen.

Ja, richtig! Das war echt ganz komisch. Am Anfang hat man natürlich wirklich gedacht: Was soll ich da hinten? Ich habe als Stürmerin noch nie dort gespielt, gerade auch was taktische Disziplin angeht mit Reinschieben und Vorschieben und all so einem Kram, aber da wurde ich sehr gut eingestellt . Und die Trainerin stand damals auch zu hundert Prozent hinter mir. Ich glaube, es war ganz erfolgreich, wir haben dann auch den ein oder anderen Titel geholt in der Zeit.

Wer hat Dein Talent fürs Toreschiessen erkannt? Hattest Du eine Person, die gesagt hat: „Die Alex Popp wird die nächste Torjägerin Deutschlands!“

(lacht) Ich glaube grundsätzlich wußten alle, dass ich Toreschießen kann. Wie gesagt, ich habe eigentlich immer vorne gespielt und dass ich von hinten wieder nach vorne gehüpft bin sozusagen, war in der Nationalmannschaft. Da habe ich nie defensiv gespielt, da gab es gerade mal zwei Spiele, die ich defensiv gespielt habe, um einfach mal zu gucken, aber ansonsten war ich immer Offensiv-Spielerin. Es war wirklich nur damals der Verein in Duisburg, wo ich hinten links gespielt habe. Auch während der Zeit in der ich in den U-Mannschaften der Nationalmannschaft gespielt habe, habe ich trotzdem vorne gespielt, entweder in der Spitze oder im Mittelfeld. Es gab eigentlich nie einen Zeitpunkt, wo mich alle defensiv gestellt haben. Ich kann jetzt nicht direkt jemanden herauspicken als Trainer, der gesagt hätte, eigentlich hat sie nur vorne etwas zu suchen. Das wußten eigentlich immer alle.

Gab es nicht einen Trainer, der Dich besonders unterstützt und gepusht hat?

Doch, mein allererster Trainer steht bis heute noch hinter mir. Das ist Horst Westermann. Er hat mich damals begleitet mit den Jungs, als ich beim FC Schwarz-Weiß Silschede (Gevelsberg) angefangen habe Fußball zu spielen. Er hat mich die ganzen Jahre über immer wieder angetrieben und gepusht und das macht er noch bis heute. Er verfolgt meine Karriere bis heute und wir sehen uns auch ab und zu, wenn ich mal in der Heimat bin. Jetzt vor kurzem, als wir mit der Nationalmannschaft nach Osnabrück gefahren sind und gespielt haben, da war er auch da und hat sich das Spiel angeguckt. Das ist glaube ich der Mann, der generell mein ganzen Leben geprägt hat.

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Bild: VFL Wolfsburg

Die Presse schreibt über Dich: Zweikampfstark, dynamisch und torgefährlich. Das gilt auf dem Fußballplatz. Welche 3 Adjektive passen am besten zu Dir als Privatmensch?

Ich würde sagen: Bodenständig. (überlegt) Dann: Lustig. Oder humorvoll. Und auch ehrgeizig.

Du wirst ja sicherlich auf der Straße oft erkannt. Nervt Dich das wenn Du zum zum Beispiel einkaufen gehst, wenn Dich die Leute dann erkennen und nach Autogrammen fragen?

Nee. Es zeigt eher eine schöne Anerkennung dem Frauenfußball oder uns vom VfL Wolfsburg gegenüber, das wir – glaube ich – in den letzten Jahren alles richtig gemacht haben. Es ist jetzt nicht so, dass wir verfolgt werden, hier ist alles ziemlich harmonisch. Und wenn man dann mal jemanden trifft in der Stadt, der einen erkannt hat und man ein kleines Pläuschchen hält, das ist eigentlich immer ganz nett.

Apropos Verfolgen…Gibt es eigentlich Spielermänner? Die an den Hotelbars posieren um von Euch gesehen zu werden wenn Ihr bei Auswärtsspielen oder im Trainingslager seid?

Ja, die ein oder anderen Partner sind natürlich immer da. Die sind jetzt nicht im Hotel dabei, bei Heimspielen, wenn es die Zeit zu lässt dann ja, aber es ist jetzt nicht so extrem, wie man es beim Männerfußball kennt.

Unsere Leser und Hörer aus dem EN-Kreis interessiert es sicherlich an dieser Stelle, ob es sich denn lohnt an der Hotelbar auf Dich zu warten? Hältst Du denn noch Ausschau oder ist Dein Herz schon vergeben?

(lacht) Das wird nicht verraten!

Das wird nicht verraten?

Nee….

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Bild: VFL Wolfsburg

Am Samstag steht das Pokalfinale gegen den FC Sand an. Du könntest zum fünften Mal in Folge diesen Pokal gewinnen. Wie bereitest Du Dich auf so ein wichtiges Spiel vor. Hörst Du Musik? Wann fängt es an zu kribbeln?

Generell am Spieltag, wenn es Richtung Stadion geht, dann ist Anspannung im Bus vorhanden, wo ich dann auch Musik höre. Musik, die viel Bum-Bum beinhaltet. (lacht)

Welchen Titel hörst Du gerade besonders gerne?

Schwierig zu sagen. „The horse“ ist ganz cool, aber ich weiß gerade nicht den Interpreten.

Also eher etwas Lautes?

Ja, eher etwas Lautes mit Beat! Und wenn es dann Richtung Stadion geht, dann bin ich relativ fokussiert. Ich kann dann zwar noch Späße machen, ich tanze dann auch gerne noch ein bisschen in der Kabine herum, wo wir dann allesamt die Musik laut aufdrehen, um einfach nicht zu verkrampft in die Sache hineinzugehen. Ich bin schon auch konzentriert und fokussiert, aber nicht zu extrem. Kribbeln groß kann ich nicht sagen, das habe ich nicht unbedingt. Das habe ich dann eher bei einem WM-Spiel. Ich weiß nicht warum, das kann ich gar nicht erklären. Das ist einfach noch einmal eine andere Hausnummer, glaube ich. Sobald der Anpfiff dann ertönt, ist eigentlich alles abgelegt. dann ist einfach nur noch das Spiel angesagt. Am besten natürlich so, dass man nachher noch als Sieger vom Platz geht.

Für Deine ganzen Auszeichnungen und Trophäen, die Du hast (Verdienstorden NRW, Fritz Walter Medaille, Goldener Ball, Goldener Schuh, Fussballerin des Jahres, Europameister, Weltmeister, Championsleague Sieger…): Hast Du da eine extra Garage angemietet? Oder wo hebst Du die zahlreichen Auszeichnungen auf?

(lacht) Ja, das sind schon ein paar… Ganz viele Auszeichnungen haben meine Eltern. Die haben die entweder bei sich im Wohnzimmer stehen oder auch unten im Keller. Da haben wir so ein Räumchen… Die Sachen, die ich hier stehen habe, sind meine Medaillen aus den letzten Jahren. Tripel-Sieg, Double-Sieg und auch letztes Jahr den Pokal. Und was ich hier zu Hause stehen habe sind von der U20-WM die goldenen Pokale mit „Beste Torschützin“ und „Beste Spielerin“. Die waren mir irgendwie sehr, sehr wichtig, dass ich die bei mir habe. Ansonsten gebe ich relativ viel an meine Eltern ab, da ich tatsächlich jetzt noch keinen Raum habe um dafür extra eine Vitrine hinzustellen. Vielleicht mache ich das später einmal, wenn ich in irgendeinem Jahr mal ein Haus gekauft habe oder gebaut habe, aber da denke ich gerade noch nicht so wirklich drüber nach.

Letzte Frage: Auch die Männer haben Ihr Pokalfinale am Samstag. Du bist, wie ich, auch BVB Fan. Was tippst Du denn, wie das Spiel ausgeht (was Du Dir wünscht weiß ich natürlich)?

Schwer zu sagen. Also ich glaube die Bayern spielen eine richtig starke Saison. Klar, auch die Dortmunder. Ich glaube, das wird eine enge Kiste. ich hoffe auf ein 2-1 für die Dortmunder. Aber ganz tief in mir habe ich leider das Gefühl, dass die Bayern das vielleicht doch holen. Aber dann auch eher mit einem engen Ergebnis. Vielleicht ein 1-0, 2-1 oder 3-2 – irgendwie so etwas.

Ich hoffe natürlich auch, dass die Gelben gewinnen. Vielen Dank für die Zeit, hat Spass gemacht. Gerne wieder. Wir wünschen Dir und Deinem Team viel Erfolg beim DFB-Pokalfinale am Samstag, wünschen ein gutes Spiel, Deinen fünften Sieg und vielleicht auch einen Hattrick.

(lacht) Super, Dankeschön!

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