Gedanken beim Spaziergang durch Schwelm.
Nichts Genaues weiß man nicht.
Noch ist es kühl. Zu kühl für Mitte April, findet Schwelmann auf seinem Fußmarsch runter ins Dorf. Aber immerhin trocken nach den ganzen Regenwochen. Gut für einen Spaziergang an der frischen Luft. Die Bäume längs des Weges treiben kräftig aus und scheinen nur darauf zu warten, nach ein paar kräftigen Sonnenstrahlen in kräftigem Grün zu erstrahlen. Schwelmann freut sich darauf, obwohl grün tatsächlich nicht mehr zu seinen Lieblingsfarben gehört. Doch das ist ein anderes Thema. Apropos Frühlingserwachen. Dies stünde auch Schwelmanns geliebtes Heimatdorf gut zu Gesicht. Doch da sieht es leider ziemlich trostlos aus. Angekommen am Neumarkt geht es los. Auf dem Weg zur Fußgängerzone geht es vorbei an einigen geschlossenen und leeren Ladenlokalen. Auch der beliebte und gemütliche Westfalenhof hat nach langem Kampf die Segel gestrichen. Vorbei die Zeit, als dort „Gordon Blöd“ und „Monsterburger“ serviert und „Currywurst-Wettbewerbe“ veranstaltet wurden. Schade. Irgendwie passt alles zu dem langen und dunklen Schatten, den der dort entstandene Rathauskomplex wirft. Irgendwie beklemmend, findet Schwelmann. Nur ein paar Meter weiter, in Schwelms Flaniermeile, sieht es nicht besser aus. Überall Leerstände. Immerhin möchte sich in Kürze ein großer Optik-Filialist in einem Ladenlokal ansiedeln. Die augenlahmen Dörfler wird es freuen, ein weiteres Fachgeschäft am Ort zu haben. Immerhin hat vor einigen Wochen ein Discounter die Nahversorgung im Innenstadtbereich übernommen. Viel zu lange war es kaum möglich, in diesem Bereich Waren für den täglichen Bedarf zu erwerben. Dafür wird der kulturelle Notstand im Dorf bald ein Ende haben. Wie man hört, steht die Eröffnung des neuen Kulturhauses auf dem Wilhelmsplatz kurz vor der Eröffnung. Die Kosten sind – genau wir beim Rathausneubau – wohl etwas aus dem Ruder gelaufen. Schwelmann freut sich schon, wenn die genauen Zahlen auf dem Tisch liegen. Schwierig gestaltet sich wohl die Parkplatzsituation im Innenstadtbereich. Ob man weiterhin hier und da kostenlos parken kann, bleibt abzuwarten. Alleine die Mitarbeiter des Rat- und Kulturhauses werden einige der knappen Parkplätze in Anspruch nehmen. Warten wir es ab und lassen uns überraschen.
Rein optisch passt sich der Neubau des abgerissenen alten Patrizierhauses dem gewohnten Stadtbild an, besser als das neue Rathaus. Flüchtig betrachtet ist es vom „Original“ fast nicht zu unterscheiden. Im Eingangsbereich fehlt die kleine Treppe, was wohl der notwendigen Barrierefreiheit geschuldet ist. Auch die Fenster entsprechen nicht den alten, wie einige kritische Bürger bereits in den sozialen Netzwerken angemerkt hatten. Sei es drum. Schon bald wird es keinem mehr auffallen und den betuchteren Sparkassenkunden wird es eh egal sein. Und Schwelmann wird seine bescheidenen Geldgeschäfte ohnehin weiter im benachbarten Sparkassenufo tätigen. Apropos Sparkassenufo. Dort angesiedelt ist auch eine Kundenberatung des örtlichen Energieversorgers AVU. Und selbige scheint, so hört man die Leute reden, angepasste Abschlagsbescheide für Öl- und Gaslieferungen verschickt zu haben. Hochgerechnet basierend auf den Verbrauchszahlen des Vorjahres kamen da Summen heraus, die wohl so einige aus den Latschen gehauen hat. Von Verdoppelung und Verdreifachung der bisherigen Abschlagsbeträge liest und hört Schwelmann. In seinem näheren Bekanntenkreis stieg der monatliche Beitrag von 288 Euro auf unglaubliche 588 Euro. Die infragekommenden Deckel und Bremsen sind da schon verrechnet. Schwarz auf Weiß steht da einfach nur: „Zahlen Sie am…“ und ein Datum. Wo die Kohle herkommen soll stand leider nicht in dem Schreiben.
Ärger und schlechte Laune gibt es aber nicht nur beim Öffnen von Briefen der AVU, sondern auch beim Betrachten von Schwelms neuer Stadtflagge mit dem Schriftzug #stolzaufschwelm. Stephan Langhard, seines Zeichens erster Bürger der Stadt, hat sich – nach eigener Aussage – ganz bewusst für diese Aussage entschieden. Und das wohl im Alleingang, wie Schwelmann vernommen hat. Jedenfalls berichtete die lokale Presse von reichlich Zoff zwischen Bürgermeister und Stadtmarketing. Die Geschäftsführerin der Stadtmarketing GmbH hätte gerne und wohl auch lieber die stilisierte Skyline als Logo auf der Fahne gesehen. Lieber jedenfalls als die vom Bürgermeister bevorzugte Grafik, welche, mit ein wenig Fantasie, an ein böses Symbol vergangener Zeiten erinnert. Jedenfalls zur Hälfte… Die Fronten zwischen dem Stadtoberen und dem Stadtmarketing scheinen verhärtet. Wie es hier wohl weitergeht? Abzuwarten bleibt ebenfalls, ob im laufenden Jahr Freibadschwimmen in Schwelm möglich sein wird. Die bisher im Trägerverein stark engagierten Kräfte haben genau diese nicht mehr. Nach 15 Jahren Engagement machen Kraft und Gesundheit einfach nicht mehr mit. Das Bad am Laufen zu halten ist mehr als ein schönes Hobby. Verständlich also die Entscheidung sich zurückzuziehen. Doch scheint es irgendwo am Horizont einen kleinen Silberstreif zu geben. Sollten sich genug Freiwillige finden, die sich der Aufgabe „Schwelmer Strammbad“ stellen wollen, würden die bisherigen Köpfe des Trägervereins zumindest mit sachkundigem Rat unterstützend bereit stehen. Genaugenommen ist es in Schwelmanns Heimatdorf wie überall. Nichts Genaues weiß man nicht. Es bleibt also spannend. Schwelmann jedenfalls freut sich erst einmal darauf, wenn die kräftige Frühlingssonne die Natur aus dem Winterschlaf reißt.
Euer Schwelmann